+++ ZDF Länderspiegel: Woher die Wut im Osten kommt +++
Am 24.10.2017, besuchte die Sächsische Staatsministerin für Gelichstellung und Integration Petra Köpping auf meine Einladung die Dietrich-Bonhoeffer-Kirchgemeinde in Chemnitz Markersdorf, um mit den Bewohnern des Chemnitzer Südens ins Gespräch kommen. Zu DDR-Zeiten gehörte das Chemnitzer „Heckert-Gebiet“ im Chemnitzer Süden zeitweise zum zweitgrößten Neubaugebiet in der DDR. Es war das Musterbeispiel für den sozialistischen Wohnungsbau. Verbunden mit großen Hoffnungen zogen vor allem Familien in die neuen Wohnungen. Nach der Wende verloren Plattenbaugebiete überall in der ehemaligen DDR schnell an Attraktivität und viele Bewohner zogen aus. Ein hoher Leerstand war die Folge.
Mit dem politischen Umbruch 1989/90 verbanden viele Menschen die Hoffnung auf ein besseres Leben. Neben den unterschiedlichsten Wünschen und Hoffnungen hatten viele Menschen auch Angst vor der Zukunft. Heute erinnern sich viele Chemnitzerinnen und Chemnitzer an diese Zeit zurück. Oft verbunden mit einer nostalgischen Stimmung, welche auch die DDR-Vergangenheit und ihr politisches System beschönigt, gar romantisiert.
Die politische Wende von 1989/90 hatte für viele Ostdeutsche nachhaltige biographische Einschnitte zur Folge. 27 Jahre nach der deutschen Einheit scheint es so, als würden die Gräben zwischen Ost- und Westdeutschland wieder stärker hervorbrechen. Vor allem die Bundestagswahlergebnisse in Sachsen haben dies verdeutlicht. Da in den Geschäftsbereich als Ministerin auch die Demokratieförderung fällt, fühlt sich Petra Köpping diesem Thema verpflichtet. „Wir müssen das Thema Nachwende auf den Tisch bringen“, so die Staatsministerin. Ich habe mich sehr gefreut, dass Petra Köpping meine Einladug in den Chemnitzer Süden angenommen hat. Es war eine sehr interessante Diskussion, mit vielen verschiedenen Themen, vielen Fragen von anwesenden Anwohnern, aber auch viele Antworten.
Der Einsatz von Petra Köpping gilt den Menschen in Sachsen, die auch nach 27 Jahren Deutscher Einheit eine Ungleichbehandlung spüren. Die Fremdheit zwischen West- und Ostdeutschen scheint nur langsam zu schwinden, denn die Unterschiede sind immer noch spürbar. Beispielsweise das Fehlen großer Industriebetriebe mit guten Löhnen, die wenig verbreitete Bezahlung nach Tarifverträgen, die vielen Beschäftigten in Teilzeit, Leiharbeit oder mit befristeten Arbeitsverträgen. Zudem trifft das unterschiedliche Rentenniveau besonders die Generation, die zur Wende zwischen 25 und 40 alt war. Sie trugen die Hauptlast im gesellschaftlichen Transformationsprozess. Viele mussten sich beruflich völlig neu orientieren und leisteten einen erheblichen Beitrag zum Aufbau Ost, in dem sie auf Dauer niedrigere Löhne und Gehälter akzeptierten. Sie blieben in den neuen Ländern und folgten nicht wie Millionen andere der Arbeit und dem Geld in den Westen. Ganz zu schweigen von vielen Berufsgruppen, deren Versorgungssysteme aus DDR-Zeiten nicht in die bundesdeutsche Rentenversicherung übernommen wurden.
Petra Köpping möchte auf die noch vorhandenen Ungerechtigkeiten aufmerksam zu machen. Sie versucht mit den Menschen in Sachsen ins Gespräch zu kommen. All dies mit dem Ziel, diese Themen in die Öffentlichkeit beziehungsweise nach Berlin zu tragen. Umso wichtiger ist es, dass bei Ihren Stationen in Sachsen die Medien dabei sind. Bei Ihrem Besuch in Chemnitz waren gleich zwei Medienvertreter dabei. Das ZDF und ARTE.
Ein herzliches Dankeschön gilt Peggy Schellenberger, die die Veranstaltung mit einer Fotoausstellung begleitete.